Lisa und Alexander Karst verabschieden sich von ihrer gemeinsamen Tanzkarriere

Wer im Saarland und generell im Südwesten von Deutschland nach einem erfolgreichen Zehn-Tänze-Paar fragt, wird mit großer Gewissheit auf die Namen Lisa und Alexander Karst stoßen. Zahlreiche Landesmeistertitel können sie für sich verbuchen, doch wenn man sie nach ihren größten Erfolgen fragt, erhält man die Antwort: Der Sieg bei den Süddeutschen Meisterschaften 2019, wo sie, wie sich Lisa erinnert, fast alle Einsen erhielten und damit einen klaren Sieg für sich verbuchen konnten. Dazu kommt ein hervorragender dritter Platz bei der Deutschen Meisterschaft in Zehn Tänzen 2019 in Elmshorn und der Sieg beim WDSF World Open Latin Rising Star in Wuppertal 2018, und vor anderthalb Jahren in Milan, wo sie sich auch im Ausland gegen ihre Konkurrenz durchsetzen konnte und woran sich Alex ebenso gern erinnert wie an die Erfolge in der Ukraine, als er und Lisa noch nicht lange zusammen tanzten.

Sowohl die beiden Geschwister als auch ihre Trainer sind zugleich einig darüber, dass diese Erfolge eigentlich noch nicht die Spitze ihrer Möglichkeiten darstellen. Trotzdem trennen sich ihre Wege nun und das hat denkbar weltliche Gründe.

Von Studium, Corona und weiten Wegen

Im Gespräch berichten beide davon, wie sie zunehmend von Arbeit und Studium in Beschlag genommen wurden. Schon im November des letzten Jahres zeichnete sich ab, dass sie sich nicht mehr so stark auf das Training würden konzentrieren können, wie es für ihren Ehrgeiz und ihr Leistungsniveau nötig wäre. Jeweils mit der Bachelor- beziehungsweise Masterarbeit beschäftigt, dazu durch einen vierzig Stunden Job auf Trab gehalten, lag schon zu dieser Zeit die Konzentration weit mehr auf dem beruflichen und universitären Fortkommen als auf dem tänzerischen. Zudem bot sich Alex die Möglichkeit an, sich beruflich weiterzuentwickeln – in Frankfurt. Während im Augenblick das gemeinsame Zuhause noch die Möglichkeit bot, auch zu ungewöhnlichen Zeiten ein Training einzuschieben, fällt diese durch Alex‘ Umzug weg, sodass die Entscheidung nahe lag, von nun an getrennte Wege zu gehen.

Wie bei so vielen Dingen im Jahr 2020 kommen beide nicht davon ab, auch Corona als Faktor anzuführen. Zunächst einmal muss dabei gesagt werden, dass Alex‘ Umzug eine Zeit lang pandemiebedingt gar nicht mehr so sicher schien. Ursprünglich hätte er den neuen Job schon viel früher antreten wollen. Doch zusätzlich zu der persönlichen Pause durch die Abschlussarbeiten folgte die allgemeine Zwangspause durch Corona und die damit verbundenen Schließungen der Trainingsstätten. Dieser erzwungene Stillstand erleichtert die Entscheidung für die beiden jedoch auch – Tänzerisch sei dieses Jahr einfach sowieso nichts mehr möglich gewesen, sagte Lisa und Alex ergänzte, dass es nach einer so langen Pause auch noch schwieriger sei, wieder auf dem Niveau, das beide vertreten, einzusteigen, besonders wenn die durch Wettkämpfe gegebenen Ziele mit einem Mal weggebrochen sind.

Wie Alex deutlich betont, sei es absolut nicht der Fall, dass das Tanzen ihnen keinen Spaß mehr gemacht hätte. Es ist eine Vernunftsentscheidung; für beide spricht die große, räumliche Distanz dagegen, gemeinsam weiterzutanzen.

Aus der Erinnerungskiste

Wer mehrere Jahre miteinander erfolgreich getanzt hat, kann auf eine ganze Reihe von Erlebnissen und Erinnerungen an diese Zeit zurückblicken und wird dabei nicht umher kommen, auch einige Schwierigkeiten und Hürden erlebt zu haben. Worin diese bestanden haben, sind sie sich auch sehr einig: Als ambitioniertes Hauptgruppe S-Paar sei es sehr schwer gewesen, die passenden Trainer zu erreichen und ausreichend oft mit ihnen trainieren zu können. Vor allem die weiten Wegstrecken zu den Trainern bezeichneten sie als problematisch, wenn man es gleichzeitig mit Studium und Arbeit kombinieren muss. In Latein sei dies durch Anton Ganopolsky noch gut gelöst gewesen, da dieser regelmäßig ins Saarland kommt. Doch gerade die Standardtrainer bereiteten den beiden größere Probleme. Besonders die Einheiten bei Asis Khadjeh-Nouri seien immer schwer zu organisieren gewesen. Aber „wenn man das Finale der DM erreichen will, dann sind die besten Trainer nötig“, so Lisa Karst. Für Alex sind auch die unterschiedlichen Voraussetzungen zwischen ihnen und anderen Paaren, die sich ausschließlich aufs Tanzen konzentrieren, problematisch. Der Vergleich mit dieser Konkurrenz könne durchaus ernüchternd sein.

Doch natürlich stehen solchen Schwierigkeiten auch viele schöne Erlebnisse gegenüber. So erinnert sich Lisa gern an eine Lateinprivatstunde bei Alexey Silde, in der sie nach einem kurzen Tanz mit Silde erfuhr, dass es sich „so anfühle, als würden sie schon länger miteinander tanzen“. Gerade von Trainern, bei denen man nicht regelmäßig trainiert, positive Rückmeldungen und Lob zu erhalten, sei immer schön zu hören gewesen. Überhaupt gehören für Lisa Privatstunden, nach denen man eine Leistungsverbesserung bemerkt, zu den großen Highlights beim Tanzen. Wenn sich das dann auch noch in einer so guten Platzierung wie dem zweiten Platz eines Ranglistenturniers widerspiegelt, ist es besonders toll.

Alex hingegen erinnert sich am liebsten an die internationalen Turniere, die für ihn immer am spannendsten gewesen seien; egal ob Milan oder eines der anderen Turniere im Ausland. Das Gesamterlebnis einer solchen Turnierreise macht für ihn den Reiz dieser Erinnerung aus. Die Mischung aus einer weiten Reise mit dem Flugzeug in Begleitung von Eltern und Trainern und der Möglichkeit, mehr zu sehen als nur das Turniergeschehen, seien ebenso lohnenswert gewesen wie die Turniere selbst, bei denen es Alex am meisten Spaß gemacht hat, die Spitze der Welt zu beobachten, zu sehen, wo der Weg noch hinführen kann. Für ihn war das eine sehr große Quelle der Motivation.

Das Tanzen auf Turnieren wird den Geschwistern auch am meisten fehlen, jetzt da ihre gemeinsame Ära zu Ende geht, allerdings mit sehr verschiedenen Schwerpunkten. Während Lisa das Tanzen selbst, die Bewegung und das Gefühl, abends vollkommen ausgepowert aber zufrieden mit sich und einem guten Ergebnis nach Hause zu kommen, sowie die Befriedigung, ein Ziel erreicht zu haben fehlen wird, wird Alex das „Kämpfen“ auf der Fläche besonders fehlen, der Konkurrenzkampf, der Vergleich mit den anderen Paaren und zu sehen, wie die sich im Vergleich zu ihnen selbst entwickelt haben, und der Moment, in dem er merkt, dass es jetzt drauf ankommt, Leistung zu zeigen und abzuliefern.

Im entscheidenden Moment alles geben zu können, bezeichnen die beiden in Einklang mit ihren Trainern auch als das Geheimnis zu ihrem Erfolg. Auf Turnieren, erinnert sich Lisa, waren sie immer noch ein bisschen besser als im Training und konnten sich sogar von Runde zu Runde noch steigern. Hilfreich war natürlich auch das, was sie von Zuhause mitgebracht haben. Inspiriert von ihrem Vater, Michael Karst, und dessen Leistungssportlerhintergrund in der Leichtathletik wurde ihnen Ehrgeiz und das Wissen um die Bedeutung einer Grundfitness, die von Alex zum Beispiel durch Joggen und das Workout im Fitnessstudio aufrecht erhalten wird, quasi in die Wiege gelegt. Überhaupt sei die Basis, die beide haben, weil sie schon von Kindesbeinen an tanzen, von mindestens ebenso großer Bedeutung wie das Wohnen im selben Haushalt, wodurch spontane Trainingseinheiten möglich waren.

Die wichtigsten Unterstützer

Doch beide sind sich einig, dass ihr Erfolg ohne ihre Familie, speziell ihren Vater, und ihre Trainer nicht möglich gewesen wäre. Vor allem ihr Vater habe sie immer – auch finanziell – unterstützt, sie zu Turnieren begleitet und sie vor Ort unterstützt. Daneben ist auch „ihr Coach“, wie beide ihn nennen, Henner Thurau von größter Bedeutung für sie gewesen. Er habe immer an ihr Talent geglaubt, sie auch zu anderen Trainern vermittelt, sich tänzerisch und privat um sie gekümmert, und ihnen den Weg geleitet. Auch der Unterstützung durch unseren Vereinstrainer, Oliver Rau, der zudem mit ausschlaggebend für ihren Beitritt zu unserem Verein war, konnten sie sich immer sicher sein.

Trotzdem noch eine Tanzkarriere?

Für beide ist klar, dass sie dem Tanzsport nicht vollkommen den Rücken kehren wollen. Sowohl Lisa als auch Alex sind aktuell als Trainer tätig – Lisa in verschiedenen Gruppen bei Saar05 und in Neunkirchen, wo sie eine Lateingruppe auf den Turniereinstieg vorbereitet und Alex in Zweibrücken – und wollen diese Gruppen auch auf gar keinen Fall aufgeben. Während Lisa zudem ihr tänzerisches Repertoire um Bachata erweitert hat, will Alex, bedingt durch den Umzug sein Trainerkonzept etwas um und will daher seine Paare in Form von Workshops weiterbetreuen. Zudem kann er sich vorstellen, auch in Frankfurt in der Art dem Tanzsport erhalten zu bleiben, denn: „Nebenher ein bisschen unterrichten, das geht eigentlich immer.“

Auf die Frage, ob sie sich wieder vorstellen könnten, aktiv ins Turniergeschehen einzusteigen, waren die Antworten hingegen sehr unterschiedlich. Während Lisa sich zwar der Schwierigkeiten bewusst ist, einen Partner auf ihrem Niveau in der Umgebung des Saarlandes zu finden, würde sie sich trotzdem sehr darüber freuen, wenn sich ein neuer Partner ergeben würde.

Im Vergleich dazu merkt man sehr deutlich, dass sich die Prioritäten für Alex stark geändert haben. Ob er wieder selbst auf der Fläche stehen möchte, weiß er noch nicht genau, würde es aber nicht kategorisch ausschließen. Doch zunächst soll ihm der volle Einstieg in die Berufswelt gelingen. Zudem hält er es für recht unwahrscheinlich, wieder eine Dame zu finden, mit der er so erfolgreich starten könnte, ist zudem unwahrscheinlich. Er will es einfach auf sich zukommen lassen, plant aber auch nicht, den Wiedereinstieg zu forcieren.

Egal, wohin ihr Weg die Geschwister führen wird, der TSC Schwarz-Gold-Casino mit allen Mitgliedern wünscht ihnen alles Gute!